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In Zeiten der Digitalisierung berühren sich Mensch und künstliche Intelligenz immer öfter, auch in der Arbeitswelt.

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitsmärkte

Begriffe wie Digitalisierung, Big Data und Industrie 4.0 beherrschen schon seit langem die Nachrichten, Zeitschriften und zu einem großen Teil auch die Politik. Es ist die Rede vom Verlust von Arbeitsplätzen, Künstliche Intelligenzen (KI) , die Menschen übertreffen und gar von Robotern, die den Mensch letztendlich komplett ersetzen können. Es entsteht der Eindruck, Niemandem ist so richtig klar, was diese Begriffe generell bedeuten, wie sie zusammenhängen und welche Folgen sie mit sich bringen. Man weiß, dass all diese Trends irgendwie miteinander verflochten sind, findet jedoch keinen richtigen Bezug zu den oben genannten Begriffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte bei ihrer Eröffnungsrede der CeBIT im März 2017 (1):

Wir haben aber auch Millionen von Menschen, die zum Teil noch nicht genau wissen, was sie erwartet und was alles Digitalisierung bedeutet. Ist das gut für meinen Arbeitsplatz oder ist das eine Gefahr für meinen Arbeitsplatz?

Dieser Satz enthält zwei wichtige zentrale Aspekte, auf die ich in diesem Blog-Beitrag eingehen möchte. Einerseits die Frage danach, was hinter der Digitalisierung steckt, andererseits die Frage nach möglichen Auswirkungen auf unsere Arbeitsmärkte.

Digitalisierung: Eine Begriffsdefinition

Für den Begriff der Digitalisierung existiert in der Literatur keine allgemeingültige Definition. Das liegt daran, dass sich die Bedeutung von Digitalisierung je nach Kontext unterscheidet. Generell versteht man unter Digitalisierung die Umwandlung eines analogen Signals in ein Digitales (2). Im Kontext der derzeitigen Entwicklung meint Digitalisierung jedoch eine digitale Revolution, oder auch digitale Transformation (3). Diese digitale Transformation beschreibt den Einfluss neuer informationstechnologischer Möglichkeiten auf Arbeitsabläufe und Organisationen in Unternehmen. Prozesse und Tätigkeiten, die in der Vergangenheit manuell (analog) ausgeführt wurden, können durch die Einführung entsprechender IT-Hilfsmittel automatisiert in digitaler Form stattfinden. Ermöglicht wird die derzeitige Entwicklung durch das exponentiell steigende Datenwachstum, das sich im Schnitt alle zwei Jahre verdoppelt. Prognosen zufolge steigt das globale Datenaufkommen von 16,1 Zettabyte im Jahre 2016 auf 163 Zettabyte im Jahr 2025.

Auswirkungen der Digitalisierung

Es wird oft von massenhaftem Stellenabbau und dem Jobkiller Digitalisierung gesprochen. Technologischer Fortschritt hat Auswirkungen auf unser soziales und berufliches Umfeld. Das war immer so und wird auch immer so bleiben. Es stellt sich nur die Frage: Sind diese Auswirkungen negativ? Und wenn ja, wie genau werden sie den Einzelnen beeinflussen?

Bevor man diese Frage beantworten kann, sollte man zwischen verschiedenen Arten von Tätigkeiten unterscheiden, die sich grundlegend in drei Kategorien unterteilen. Anhand dieser Kategorien lassen sich dann mögliche Auswirkungen durch technologischen Fortschritt aufzeigen.

Wie stark ein konkreter Beruf durch die Folgen einer zunehmenden Automatisierung gefährdet ist, hängt von der Art dessen der ausgeübten Tätigkeit ab. Es wird unterschieden zwischen manuellen, abstrakten und Routinetätigkeiten.

Verschiedene Tätigkeitsarten im Überblick

Tätigkeiten lassen sich trotz Digitalisierung in drei Arten unterteilen: Routine, Manuell und Abstrakt
Abbildung 1: Tätigkeitsarten (4, 5, 6)

Routinetätigkeiten sind einfache und sich wiederholende Arbeitsabläufe. Ihnen lässt sich beispielsweiße das Transportieren, Rechnen, Herstellen von Gütern, und Schreiben zuordnen. Diese routinemäßigen Tätigkeiten lassen sich leicht durch informationstechnische Verfahren übernehmen und somit durch programmierbare Maschinen ersetzen (5). Zusätzlich zu simplen Arbeitsabläufen lassen sich aber auch Tätigkeiten wie Produktions-und Montageprozesse durch Roboter durchführen (6). Routinetätigkeiten lassen sich bereits mit dem heutigen technologischen Entwicklungsstand zu einem großen Teil automatisieren.

In manuellen Arbeitsprozessen sind unter Anderem zwischenmenschliche Aktionen und situative spontane Anpassungen notwendig. Dies trifft beispielsweise auf Pflegen, Reparieren und Kellnern zu (7). Diesen manuellen Arbeitsprozessen liegt eine gewisse Interaktivität zu Grunde. Aus meiner Sicht können diese Prozesse auch in naher und mittelfristiger Zukunft höchstens teilweise ersetzt werden. Automatisierte Systeme können hier jedoch umfassend unterstützen.

Abstrakte Tätigkeiten wie Programmieren, Personalführung und Organisation lassen sich nicht durch IT ersetzen, sondern höchstens unterstützen. Dazu übernimmt eine Technologie dann Teilaufgaben. So besitzen Flugzeuge zum Beispiel in hohem Maße autonom agierender Assistenzsysteme, die dieses von alleine steuern können und dies auch machen. Trotzdem sind Piloten notwendig, die durch ihre Ausbildung und langjährige Erfahrung in der Lage sind, spontane Entscheidungen zu treffen und in den Gesamtprozess korrigierend eingreifen können.

Der Nachteil dieser Einteilung ist jedoch, dass sie lediglich aufgrund der Automatisierungswahrscheinlichkeit aufgestellt wurde. Nicht beachtet wird dabei, dass sich viele Berufe nicht vollkommen in eine Art von Tätigkeit einteilen lassen. Daher sollten wir noch eine weitere Einteilung in Betracht ziehen. Dabei werden nicht einzelne Tätigkeiten für sich betrachtet, sondern die Qualifikationsstufen von Berufen.

Die Qualifikation entscheidet, ob ein Beruf ersetzbar ist oder nicht

Abbildung 2 zeigt das Austauschpotenzial von Jobs nach Anforderungen. Es wird deutlich, dass man die potentielle Ersetzbarkeit von Berufen durch digitale Hilfsmittel nicht nur anhand der Tätigkeitsart (s. Abbildung 1) ausmachen kann.

Die Höhe der Qualifikation entscheidet darüber, ob ein Beruf in Zeiten der Digitalisierung durch Maschinen ersetzt werden kann.
Abbildung 2: Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveau (5)

Betrachtet man nun die Anforderungsniveaus von Berufen, springt schnell ins Auge, dass nicht nur Tätigkeiten gefährdet sind, denen eine niedrigere Qualifikation zugrunde liegt. Das kann unterschiedliche Gründe haben. Zum einen überschneiden sich die Arten der Tätigkeiten innerhalb eines Anforderungsniveaus. So übt ein Helfer nicht nur Routinetätigkeiten aus, sondern beispielsweise auch manuelle. Das Beachtliche dieser Analyse des IABs ist meiner Meinung nach das Substituierbarkeitspotenzial von Berufen auf Spezialisten und Experten-Niveau. Nach der Klassifikation der Berufe der Bundesagentur für Arbeit (8) handelt es sich dabei um Berufe, denen ein Bachelor-bzw. Master-Abschluss und höher zugrunde liegt. Somit sind dies Berufsgruppen, die bisher durch technologischen Fortschritt weitgehend ungefährdet waren.

Die derzeitigen Entwicklungen werden auch größere Auswirkungen auf hochqualifizierte Berufe mit sich bringen.

Künstliche Intelligenzen, die automatisiert Röntgenbilder analysieren und Diagnosen erstellen, können zum Beispiel im Bereich der Medizin einiges verändern. Ähnliches gilt für den juristischen Bereich, wo KIs automatisiert Datenbanken nach Präzedenzfällen durchsuchen, um die Erfolgsaussichten eines Falles zu bewerten.

Grundlegend ist jedoch nicht davon auszugehen, dass alle potentiell ersetzbaren Tätigkeiten wegfallen werden. Es wird lediglich das theoretische Potenzial beschrieben, dass sie wegfallen könnten. Vielmehr zeigt die Vergangenheit, dass Arbeit, die dem Menschen an einer Stelle genommen wird, an anderer Stelle wieder entsteht (9).

Zusätzlich ist jedoch zu beobachten, dass bei der Verlagerung von Arbeit die Anforderungen an die Ausführung der Tätigkeit steigen. Diese Entwicklung ist bekannt als „Polarisierung von Qualifikationen“ (7, 10). Dieser Vorgang beschreibt das Wegfallen von Arbeitsstellen mit mittlerem Qualifikationsprofil. Durch den Einsatz modernster Technologien entsteht also auch Arbeit. Diese Arbeit ist komplexer und erfordert höhere Qualifikationen. So werden sich viele Arbeitnehmer in Berufen mit niedrigem Qualifikationsprofil neu orientieren müssen.

Fazit

Die Digitalisierung wird Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte mit sich bringen. Jedoch werden diese Folgen nicht so dramatisch sein, wie oft dargestellt. In der Produktion werden autonome Produktionsroboter und intelligente Waren (z.B. mit RFID ausgestattete Halberzeugnisse, die selbst entscheidend ihren Weg durch die Produktionsanlage steuern) repetitive Aufgaben wie das Anbringen einer Schraube ersetzen.

Auf der anderen Seite entstehen jedoch wieder Arbeitspotenziale. Solche Anlagen müssen überwacht und gewartet werden. Mit steigender Produktivität geht erfahrungsgemäß eine höhere Beschäftigung einher, unabhängig des Automatisierungsgrades. Diesen Tätigkeiten liegt dann allerdings auch ein höheres Qualifikationsprofil zugrunde. Da sich deswegen viele Menschen einfachere Tätigkeiten mit dementsprechend niedrigerem Entgelt suchen müssen, kann die Schere zwischen Reich und Arm weiter auseinandergehen. Es ist realistisch, dass sich einige Menschen neu organisieren und qualifizieren müssen. Vergangene revolutionäre Entwicklungen, wie die erste Dampflokomotive oder die Entwicklung vom Spinnrad zum Webstuhl, brachten immer Schwung in die Wirtschaft und somit zwangsläufig auch Arbeit, steigende Produktivität und Perspektiven mit sich. Bei der Digitalisierung stehen die Chancen gut, dass es auch so wird. Die Digitalisierung hat die Besonderheit, dass auch mit weitreichenden Änderungen in Berufen mit sehr hohen Qualifikationen zu rechnen ist.

Literaturverzeichnis

  1. Rede von Bundeskanzlerin Merkel beim Digital-Gipfel 2017 in Ludwigshafen am 13. Juni 2017. Ludwigshafen, zuletzt geprüft am 17.12.2017.
  2. Schumny, H.; Welzel, P. (2013): Datenfernübertragung. Einführende Grundlagen zur Kommunikation offener Systeme: Vieweg+Teubner Verlag.
  3.  tutanch (2017): Was ist Digitalisierung? Vogel Business Media GmbH & Co. KG, zuletzt geprüft am 21.12.2017.
  4. Arntz, Melanie; Gregory, Terry; Jansen, Simon; Zieahn, Ulrich: Tätigkeitswandel und Weiterbildungsbedarf in der digitalen Transformation, zuletzt geprüft am 21.12.2017.
  5. Dengler, Katharina; Matthes, Britta; Paulus, Wiebke (2014): Berufliche Tasks auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Eine alternative Messung auf Basis einer Expertendatenbank. Forschungsdatenzentrum der Bundesagentur für Arbeit im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
  6. Klammer, Ute; Steffes, Susanne; Maier, Michael F.; Arnold, Daniel; Stettes, Oliver; Bellmann, Lutz; Hirsch-Kreinsen, Hartmut (2017): Arbeiten 4.0 — Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt. In: Wirtschaftsdienst 97 (7), S. 459–476. DOI: 10.1007/s10273-017-2163-9.
  7. Arnold, Daniel; Arntz, Melanie; Gregory, Terry; Steffes, Susanne; Zierahn, Ulrich (2016): Herausforderungen der Digitalisierung für die Zukunft der Arbeitswelt. ZEW policy brief Nr. 16-08.
  8. Bundesagentur für Arbeit (2011): Klassifikation der Berufe 2010. Systematischer und alphabetischer Teil mit Erläuterungen. Nürnberg
  9. Gerfin, Michael (n.A.): Nehmen uns Computer die Arbeit weg? (zuletzt geprüft am 19.12.2017).
  10. Ulich, E. (2005): Arbeitspsychologie: Schäffer-Poeschel
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Über den Autor
Pascal Schmitt
Pascal Schmitt
Pascal Schmitt war Consultant BI und Data Scientist bei PIKON Deutschland.

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