Das SAP-Modul Project System (PS) bietet Unternehmen eine umfassende Lösung zur effektiven Planung, Steuerung und Überwachung von Projekten. In der Projektplanung kommt es häufig zu der Frage, wie für kritische Komponenten oder Baugruppen („Langläufer“) bereits frühzeitig die Beschaffung angestoßen werden kann. Eine effektive Methode dafür ist die Vorabbeschaffung für Projekte.
Was ist Vorabbeschaffung?
Die Vorabbeschaffung ist ein Prozess, bei dem bereits im Voraus die notwendigen Materialien für ein Projekt beschafft werden können. Häufig soll die Beschaffung dieser Materialien aufgrund von langen Lieferzeiten bereits starten, bevor die Konstruktion – insbesondere die Stückliste – des Endproduktes fertiggestellt ist (Stichwort „wachsende Stückliste“). Dies kann dazu beitragen, dass Unternehmen mögliche Verzögerungen und Engpässe während des Projekts vermeiden und die Lieferzeit für das Endprodukt möglichst geringgehalten wird. Mit der Vorabbeschaffung kann sichergestellt werden, dass die benötigten Materialien zum richtigen Zeitpunkt verfügbar sind.
In vielen Fällen kommt es aber vor, dass gerade die vorabbeschafften Materialien nach Vervollständigung und Freigabe der Stückliste, nochmals in den Beschaffungsprozess laufen. Dank einer Vorplanung im Rahmen der Vorabbeschaffung mit SAP PS lässt sich dieser Fehler einfach vermeiden.
Wie funktioniert Vorabbeschaffung mit SAP PS?
Um den Prozess nutzen zu können, muss zunächst sichergestellt sein, dass das entsprechende Material korrekt eingestellt ist. Es gilt eine Planungsstrategie zu wählen, welche es erlaubt Planprimärbedarfe mit Sekundärbedarfen und Reservierungen zu verrechnen. Zudem sollte das betroffene Material für Einzelbedarfe eingestellt sein, um eine korrekte Verrechnung innerhalb des Projektbestands zu gewährleisten.
Stücklistenübernahme
Sind die Materialien entsprechend eingestellt, so kann der Vorabbeschaffungs-Prozess starten. Weitere Voraussetzungen sind selbstverständlich ein Projekt und dass das vorabbeschaffte Material in der Stückliste des Endprodukts aufgeführt wird.
Für die Übernahme der „Langläufer“-Materialien in das Projekt, um frühzeitig die Beschaffung anzustoßen, empfiehlt sich die Stücklistenübernahme. Mit dieser Transaktion können die Stücklistenpositionen – also nicht das Endprodukt selbst – in das Projekt übernommen werden. Hierfür ist es sinnvoll, im Voraus ein Selektionsprofil zu definieren. Dabei ist darauf zu achten, dass das Kennzeichen für Vorabbedarfe aktiviert ist.
In der Stücklistenübernahme wird dann das angelegte Profil ausgewählt. Im oberen Bereich des Einstiegsbilds werden die Vorgänge des betrachteten Projekts selektiert (z. B. mithilfe der Projektdefinition). Im unteren Bereich werden die Selektionskriterien für die Stücklistenkomponenten eingetragen:
Nach Ausführung der Selektion werden im Folgebild auf der linken Seite die selektierten Stücklistenpositionen angezeigt, auf der rechten Seite die Vorgänge des Projektes. Nun werden die Materialien, die vorabbeschafft werden sollen, sowie der Vorgang, dem diese Materialien zugeordnet werden sollen, markiert. Wichtig bei der Wahl des Vorgangs ist, dass dieser demselben PSP-Element zugeordnet ist, wie der Vorgang an dem später das Endprodukt angehängt wird. Werden hier zwei unterschiedliche PSP-Elemente verwendet, finden sich Vorplanbedarf und Sekundärbedarf nicht, was zu einem neuen Beschaffungselement führt.
Tipp
Diese Zuordnung der Materialien zu den Vorgängen kann durch das Verwenden von Bezugsorten automatisiert werden. Bezugsorte werden zum einen in der jeweiligen Stücklistenposition und zum anderen im entsprechenden Netzplanvorgang hinterlegt. Häufig macht es Sinn, eine Vorab-Stückliste anzulegen, welche zunächst nur die bekannten Langläufer enthält. Sind hier dann Bezugsorte hinterlegt, läuft die Zuordnung automatisch ab.
Über die „Zuordnen“-Funktion werden die ausgewählten Materialien dem gewählten Vorgang zugeordnet:
Durch die Zuordnung werden die ausgewählten Stücklistenpositionen aus der Übersicht entfernt. Dort können nur noch nicht zugeordnete Positionen ausgewählt werden. Über „Ergebnisse“ können die Einträge geprüft und gesichert werden.
In der ersten Spalte ist die Aktion erkennbar, welche vom System ausgeführt wird. In diesem Beispiel wird das Material hinzugefügt. Die Stücklistenübernahme erkennt und berücksichtigt auch Änderungen, wie beispielsweise eine Mengenänderung oder das Löschen von Komponenten aus der Stückliste. Werden also nachträglich Änderungen an der Stückliste durchgeführt, können diese mittels erneuter Übernahme in das jeweilige Projekt übertragen werden.
Wichtig im Rahmen der Vorabbeschaffung ist, dass in der Spalte „V – Vorabbestellung“ das Kennzeichen aktiv ist. Ist hier kein Haken gesetzt, wurde die Übernahme mit den falschen Parametern ausgeführt.
Durch Sichern wird das Material nun im Projekt unter dem ausgewählten Vorgang eingehängt. Ein entsprechender Vorplanbedarf wird im Einzelsegment erzeugt und vom nächsten MRP-Lauf berücksichtig. In diesem Beispiel resultiert eine Bestellanforderung aus dem MRP. Die Beschaffung kann damit starten.
Abschluss der Konstruktionsphase – Auswirkungen auf das vorabbeschaffte Material
Während die Beschaffung des Langläufers bereits läuft, wird die Stückliste des Endprodukts vervollständigt. Ist die Konstruktionsphase abgeschlossen und das Endprodukt freigegeben, kann dieses in das Projekt gehängt werden.
Als Resultat erhält man für das Endprodukt in diesem Beispiel eine Reservierung sowie einen vom MRP generierten Planauftrag. Da das „Langläufer“-Material, welches für die Vorabbeschaffung verwendet wurde, in der Stückliste des Endprodukts steckt, entsteht für dieses aufgrund der Stücklistenauflösung während dem MRP ein Sekundärbedarf. Der zuvor erzeugte Planprimärbedarf wird durch diesen „echten“ Bedarf abgebaut:
Diese Verrechnung der Bedarfe gilt genauso für den Fall, dass die Reservierung für das vorabbeschaffte Material direkt aus dem Netzplan anstelle eines Fertigungsauftrages entsteht.
Die Beispielbilder stammen aus einem SAP S/4HANA (Release 2022), der Prozess funktioniert genauso im ECC-System.
Fazit
Durch die Verwendung einer geeigneten Strategiegruppe im Materialstamm, lässt sich schon frühzeitig im Projekt die Beschaffung für kritische Komponenten anstoßen. Dank der Verrechnung der Bedarfe ist außerdem ausgeschlossen, dass zu einem späteren Zeitpunkt versehentlich erneut die Beschaffung für dasselbe Material gestartet wird.
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