Wie bringe ich meinen Hammer dazu, Nägel in die Wand zu schlagen? Nachdem wir im ersten Teil der Blogreihe erfahren haben, was Künstliche Intelligenz ist und dass uns die sogenannte schwache KI dabei helfen kann, unsere alltäglichen Aufgaben schneller und besser zu erledigen, stellt sich uns jetzt die Frage, wie denn?
Künstliche Intelligenz, oder Teilbereiche der KI finden mittlerweile in vielen Systemen Anwendung. Bestimmt haben auch Sie schon mit ihnen gearbeitet, sei es privat oder im Beruf. Jeder kennt beispielsweise SIRI, Cortana oder aber auch für uns selbstverständliche Dinge wie Google oder andere Suchmaschinen.
All diese Anwendungen dienen uns heute bereits als Werkzeuge und ermöglichen es uns beispielsweise, schnell an Wissen zu gelangen oder Computersysteme einfacher zu steuern.
Wettbewerbsvorteile durch Künstliche Intelligenz
Wo kann uns Künstliche Intelligenz, oder besser gesagt maschinelles Lernen noch besser unterstützen und Ihrem Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen?
Durch maschinelles Lernen ist es beispielsweise möglich, Sensordaten Ihrer Industriemaschinen zu untersuchen, um so zu erkennen, wann eine Maschine ausfallen könnte. So etwas würde dann unter Predictive Maintanance, also unter das Vorhersehen von Wartung fallen. Die gleichen Daten können aber auch genutzt werden, um die Maschine so einzustellen, dass die Qualität Ihrer Produkte verbessert wird. Sie können auch genutzt werden, um den Produktionsprozess zu beschleunigen. Das sind nur einige Beispiele und auch nur auf Sensordaten beschränkt. Doch in Ihrem Unternehmen werden seit Jahren viele weitere Daten gesammelt.
Was kann ein Computer aus diesen Daten lernen und wo kann er den Menschen unterstützen?
Beispielsweise beim Erfassen und Verbuchen von Eingangsrechnungen. Wird das System richtig eingerichtet, kann es viele Ihrer in Papierform erhaltenen Rechnungen durch Einscannen automatisch erfassen und diese verbuchen. Vorbei sind also die Zeiten in denen man sich stunden-, ja tagelang durch Papierstapel kämpfen muss, nur um die Rechnungen in eine digitale Form zu überführen. An dieser Stelle sei aber auch erwähnt, dass es natürlich ebenso möglich wäre, Rechnungen mit Ihren Geschäftspartnern von vorneherein elektronisch auszutauschen. Die Vorteile, die man durch ein solches Vorgehen hat, überwiegen in den meisten Fällen sogar. Man sieht also bereits an diesem kurzen Beispiel, dass es mehrere Wege zum Ziel gibt und manchmal der „traditionelle“ Weg sogar der bessere wäre. Allerdings kann maschinelles Lernen hier schnell Abhilfe schaffen, um Ihnen den Arbeitsalltag zu erleichtern.
Um Künstliche Intelligenz als ein solches Werkzeug nutzen zu können, müssen wir erst einmal eine entscheidende Frage beantworten.
Was ist der Unterschied zwischen traditionellem Programmieren und der Nutzung von Machine Learning?
Bei traditionellem Coding werden für jede Änderung manuelle Anpassungen notwendig. Hier wird statischer Code programmiert, welcher genau zu dem Ergebnis führt, welches man programmiert hat. Man muss also von vorneherein alle Möglichkeiten bedenken und den Programmcode dementsprechend schreiben. Eine bei nicht so komplexen Problemen, mit wenig Daten und wenig Veränderungen sehr gute Art, das Problem anzugehen. Es wird auch weiterhin bei vielen Anwendungen notwendig sein, traditionelle Algorithmen zu nutzen, da der Aufwand recht gering und die Ausführung sehr stabil ist. Wenn etwas schief geht hat man einen Ansprechpartner, welcher den Code inspizieren und Fehlerquellen ausmerzen kann. Auch hier steckt ein Stück Künstliche Intelligenz in der Anwendung, wenn auch nicht im Sinne der Begriffsdefinition. Ein wichtiger Punkt, das Lernen, fehlt hier.
Machine Learning verfolgt einen anderen Ansatz. Auch dabei ist Coding notwendig. Dieses Coding beschränkt sich aber auf die Aufbereitung der Daten und das Training des Modells. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass statischer, vom Menschen geschriebener Code hier beim eigentlichen Modell keine Anwendung findet. Man füttert einen Algorithmus mit Daten und dieser stellt sich den Erwartungen entsprechend automatisch ein, er lernt also aus den vorhandenen Daten. Klingt ja doch nach dem angepriesenen Wundermittel, nicht wahr? Ganz so einfach ist es leider nicht. Erstens müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein: man braucht viele, saubere Daten. Diese müssen für den Machine Learning Algorithmus angepasst, nennen wir es „verdaulich gemacht“ werden. Ein sehr zeitaufwändiger Prozess. Mit diesen vorbereiteten Daten kann man sein Modell nun trainieren. Für diese Daten und das zu lösende Problem muss dann von einem Experten das passende Modell ausgewählt und entsprechend eingestellt werden. Danach heißt es Trainieren und fertig. Okay vielleicht war das alles etwas zu schnell. Gehen wir es an einem Beispiel durch: Der Absatzplanung.
Beispiel Absatzplanung
In vielen Unternehmen ist der Demand Forecast (Absatzprognose) ein wichtiges Instrument. Ein guter Ausgangspunkt, um besser planen zu können, wie viel Umsatz man machen wird, welche Ressourcen man benötigt, usw. Dieser Forecast soll in unserem Fall automatisch durch ein System vorgegeben werden.
Beim traditionellen Coding gehen wir wie folgt vor: Wir schauen uns an, wie Absatzzahlen in den letzten Jahren ausgesehen haben. Planungsexperten können uns sagen, wie in etwa eine Logik aussehen soll, welche die Prognosen erstellt. Dies kann eine Gleichverteilung, eine Saisonale Verteilung oder eine individuelle sehr komplexe Verteilung sein, bei der das Wissen der Experten stark mit eingeht. Diese Verteilung kann dann als mehr oder weniger komplexer Algorithmus implementiert werden.
Machine Learning Ansatz
Gehen wir nach einem Machine Learning Ansatz vor, machen wir das wie folgt: Wir schauen uns das Problem in engem Kontakt mit Fachexperten an, um die passenden Aufgabenklassen und Algorithmen zu bestimmen. In unserem Fall Modelle für eine Zeitreihenanalyse. Wir wollen somit bestimmen, wie sich der Absatz zeitlich verhält. Wir schauen uns die Daten an, welche wir bereits aus der Vergangenheit haben. Schließlich haben wir nicht erst heute angefangen, unsere Produkte zu verkaufen. Wir bereiten die Daten so auf, dass unsere Algorithmen damit arbeiten können. Wir entscheiden, welche Modelle wir als geeignet erachten. Wir füttern diese Modelle mit einem Teil der Daten, trainieren unsere Modelle also. Danach testen wir mit einem anderen Teil der Daten, wie gut unser Modell den richtigen Absatz erkennt. Ist diese Performance gut genug, können wir das Modell implementieren und produktiv nutzen. Ansonsten müssen wir entscheiden, ob wir noch andere Modelle testen oder den Fall durch Machine Learning nicht mit sinnvollem Aufwand lösen können.
Beim ersten, dem traditionellen Vorgehen führt jede Änderung in der Zukunft auch zu einer neuen manuellen Anpassung des Codes. Im zweiten Fall führen mehr Daten in der Zukunft zu einer Verbesserung des Modells. Außerdem können beim Machine Learning Vorgehen viele Attribute mit eingehen, um deren Einfluss auf den Absatz darzustellen und zu analysieren. Wir suchen hier nach verborgenem Wissen in unseren Daten.
Maßgeschneiderte Methoden finden
Solche Modelle können sowohl auf Sie zugeschnitten als auch vortrainiert implementiert werden. Hält man sich an Standardprozesse, sind die Daten automatisch sauber und man kann vorgefertigte Aufbereitungsmethoden nutzen. So gibt es für die automatische Zahlungszuordnung beispielsweise eine SAP Lösung, welche sich SAP Cash Application nennt und Teil des SAP Leonardo Portfolios ist. [1] Auch die sogenannte Bilderkennung ist grundsätzlich vortrainiert implementierbar und muss dann auf den speziellen Fall (Was genau muss sie erkennen?) zugeschnitten werden.
Bei Prozessen, welche nicht unbedingt dem Standard entsprechen beziehungsweise übertragbar sind, sieht es etwas anders aus. Hier muss man die Problemstellung genau betrachten und abwägen, welche Methode man nutzen will. Beim Beispiel der Absatzprognose sind die Einflüsse auf den Absatz von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Bei einem Eisverkäufer hat das Wetter einen Einfluss, bei einer Tankstelle der Ölpreis oder ob viele Menschen in Urlaub fahren, bei Ihnen im Unternehmen wohl ganz andere Faktoren. Dazu sollte man sowohl Prozesse des Unternehmens als auch die verschiedenen Möglichkeiten kennen, den Prozess zu verbessern. Man braucht hier also verschiedene Experten mit im Boot, um solche Problemstellungen angehen zu können und dann eine maßgeschneiderte Lösung zu implementieren. Man sollte sich also im Klaren darüber sein, dass auch die manuelle Planung mit viel Vorwissen geschieht. Wie ist die Marktsituation, sollen neue Produkte verkauft werden, gibt es Kampagnen, welches Produkt wird gerade beworben, was sind neue Trends und nicht zuletzt: Wie sieht unser Planungsprozess im Unternehmen eigentlich aus? Müssen vielleicht mehrere Modelle zusammenarbeiten, um den Erfolg zu gewährleisten? Was auf den ersten Blick trivial erscheint, ist es auf den zweiten vielleicht gar nicht mehr und erfordert ein hohes Maß an Expertenwissen.
Um ein solches Vorwissen in Modelle mit einbringen zu können, muss man dafür sorgen, sowohl Experten vom Fach als auch Experten aus der Technologie mit einzubringen. Man muss nötige Voraussetzungen an die Systemlandschaft erfüllen, aber auch alle Mitarbeiter motivieren und mit einbeziehen. Man muss organisatorische, fachliche, technologische und menschliche Hürden überwinden. Wie die Macy-Konferenzen der Kybernetik, an der Wissenschaftler der verschiedensten Fachrichtungen teilnahmen, um komplexe Systeme zu verstehen und nachzubauen, ist auch Künstliche Intelligenz und der erfolgreiche Einsatz im Unternehmen eine interdisziplinäre Aufgabe, ein Teamsport.
Nur so kann Künstliche Intelligenz als Werkzeug genutzt werden. Es soll schließlich ein funktionierendes, nützliches Werkzeug sein, welches uns Menschen hilft, oder?
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Quellenverzeichnis: