Die italienische Ariston Thermo Gruppe senkt die Reaktionszeit auf Kundenanfragen von 12 auf 2 Tage!
PIKON und die SAP Variantenkonfiguration machen es möglich!
Ariston Thermo ist ein weltweit tätiger Konzern und gehört zu den führenden Unternehmen im Bereich der Heizungstechnik. Die „Burners Business Unit“ kennt man unter ihren Marken elco, Cuenod und ECOFLAM.
Die Partnerschaft zu PIKON entstand im Jahr 2014. Ariston Thermo hatte SAP als ERP-System eingeführt und seine Prozesse schon weitgehend standardisiert. Folgende Prozesstypen unterschieden sich dabei:
- Make-to-Stock: Standardprodukte, die ohne Anpassung für den Massenmarkt hergestellt werden.
- Make-to-Order: Weitgehend standardisierte Produkte mit eher kleineren kundenspezifischen Modifikationen
- Assembly-to-Order: Variantenprodukte mit kundenindividueller Endmontage aus einem Programm vorgedachter Möglichkeiten (Baugruppen)
- Engineer-to-Order: Kundenindividuell gefertigte Produkte (Losgröße 1)
Hohe Komplexität sorgt für lange Reaktionszeiten und fehlende Transparenz
Wie viele andere Unternehmen auch, bietet Ariston Thermo damit seinen Kunden ein Spektrum von völlig standardisierten Produkten bis zu völlig individuellen Produkten an. Dabei ist es eine Binsenweisheit: Mit der Produktkomplexität – bzw. dem Individualisierungsgrad – steigt auch die Prozesskomplexität.
Thomas Wünsch, Geschäftsführer von elco GmbH und Leiter der Sparte „Industrie“ formulierte es damals folgendermaßen:
Im Bereich der individuellen Produkte haben wir exzellente Leute im Engineering. Sie suchen in SAP nach vergleichbaren Produkten, die schon einmal verkauft wurden, passen die Stücklisten entsprechend an und erstellen ein kundenindividuelles Angebot. Leider werden sie vor allem im Bereich der ETO (Engineer-to-Order) und ATO (Assembly-to-Order)-Prozesse nicht optimal durch SAP unterstützt. Was können wir tun?
Das war genau die richtige Aufgabe für Sascha Gerhardt, einen unserer erfahrensten Senior-Berater aus dem Logistik-Team der PIKON. Zusammen mit Thomas Wünsch wurden nach einer kurzen Analyse die wichtigsten Herausforderungen beschrieben:
- Die Antwortzeit auf Kundenanfragen dauerte viel zu lange, weil die Mitarbeiter im Engineering immer manuell in SAP nach bereits vorhandenen Produkten suchen und deren Stücklisten dann anpassen mussten.
- Dieser Prozess dauerte aber nicht nur lange, sondern er sorgte auch für eine nahezu unübersehbare Vielzahl von Produktvarianten im System. Damit verschärfte sich dieses Thema immer weiter.
- Die steigende Zahl von Produktvarianten war auch für die Ingenieure ein Problem. Nur dank jahrelanger Erfahrung konnte die Aufgabe überhaupt bewältigt werden. Damit verbunden wurde auch die Einarbeitung neuer Mitarbeiter immer schwieriger.
- Schließlich war es sehr schwer, Kostentransparenz herzustellen. Das betriebswirtschaftliche Ergebnis eines Kundenauftrages konnte nur mit großem Aufwand beurteilt werden.
PIKON erkennt die Lösung in der SAP-Variantenkonfiguration
Bei PIKON entwickelten wir schnell die Grundidee, dass die Einführung der SAP-Variantenkonfiguration ein wesentlicher Bestandteil der Lösung sein könnte. Die Frage war nur, wie viele Produkte mit Hilfe dieser Funktionalität abgebildet werden können?
Für die Leser, die die Funktionalität der Variantenkonfiguration nicht kennen, wollen wir diese hier kurz vorstellen:
Exkurs: Variantenkonfiguration in SAP
Normalerweise wird jedes Produkt in SAP über einen Materialstammsatz beschrieben. Diesem werden wiederum eine Stückliste und ein Arbeitsplan zugeordnet. Während die Stückliste mehrstufig aufgebaut werden kann und alle Einzelteile des Produkts enthält, umfasst der Arbeitsplan alle notwendigen Arbeitsschritte für die Fertigung. Bei einem so genannten konfigurierbaren Produkt ist es so, dass für eine ganze Gruppe relativ ähnlicher Produkte EINE Maximalstückliste und EIN Maximalarbeitsplan im System existiert. Diese beiden Objekte enthalten jeweils alle denkbaren (bzw. erlaubten) Einzelteile und Arbeitsschritte. Im jeweiligen Kundenauftrag wird dann über eine Merkmalsbewertung (einer einfachen Auswahl von Produkteigenschaften) die Auftragsstückliste und der Auftragsarbeitsplan im Hintergrund abgeleitet. Über das so genannte Beziehungswissen wird dabei sichergestellt, dass nur erlaubte Komponenten miteinander kombiniert werden können.
Anpassung der Variantenkonfiguration an die Bedürfnisse des Kunden
Mit Frank Büschelberger vom Engineering bei elco hatte der PIKON-Spezialist Sascha Gerhardt einen Bruder im Geiste gefunden. Es war schnell klar, dass hier ein riesiges Potenzial steckt. Doch drei Hauptfragen waren für Thomas Wünsch von großer Bedeutung:
- In einem Proof-of-Concept sollte gezeigt werden, dass die Lösung funktioniert.
- PIKON sollte in einer betriebswirtschaftlichen Analyse untersuchen, wie viele der elco-Produkte über die Variantenkonfiguration abgedeckt werden können.
- Die Frage der Kostentransparenz sollte zur Zufriedenheit des italienischen Controllings in der Konzernzentrale geklärt werden.
Systembeispiel als Showcase
In einem kleinen Systembeispiel wurde gezeigt, dass die neue Art der Auftragserfassung funktioniert und zu einer wesentlichen Prozessbeschleunigung beiträgt. Wesentlich vereinfacht wurde die Diskussion mit den Anwendern im Engineering durch ein PIKON-Template zur Abbildung von Produktstrukturen. Es ermöglicht die Erfassung von Produktstrukturen und Produktmerkmalen aus Anwendersicht ohne spezifische SAP-Kenntnisse. Gleichzeitig erleichtert es die Übersetzung der fachlichen Produktsicht in eine SAP-konforme Darstellung. Sascha Gerhardt hat dieses Template entwickelt und in vielen Projekten immer weiter verfeinert. Auch hier sieht man wieder das enge Zusammenspiel zwischen fachlicher Thematik und Abbildung in der IT (SAP ERP), das im PIKON 3-Punkt-Ansatz zum Ausdruck kommt.
90 % der Produkte abbildbar!
Die betriebswirtschaftliche Analyse ergab, dass mehr als 90% der elco-Produkte über die Variantenkonfiguration abgebildet werden können – und dieses Ergebnis war für alle Beteiligten eine positive Überraschung! Über den PIKON-Complexity Score Index wurden die Produkte abhängig von der der Anzahl der Merkmale, der Anzahl möglicher Ausprägungen und der Komplexität des Beziehungswissen (einfache Wenn/Dann-Beziehungen bis hin zu komplexen Algorithmen) in Produktgruppen mit hoher, mittlerer und geringer Komplexität eingeteilt.
Kundenspezifisches Controlling-Element dank Custom Development
Offen war somit noch die Frage des Produktcontrollings. Der PIKON -Vorschlag war hier, die Auswertungen im CO-PA (der SAP-Komponente „Profitability Analysis“ für die Betriebsergebnisrechnung) auf Produktmerkmale statt wie bisher auf einzelne Materialstämme umzustellen. Denn schließlich existiert ja im Unterschied zu früher nur noch EIN Materialstamm für das konfigurierbare Material, das jetzt unterschiedliche Produkte repräsentiert. Doch an dieser Stelle wurde klar, dass Ariston Thermo sich im Weltmaßstab, also für das Gesamtunternehmen als Produktunternehmen sieht und einen Produktkostenansatz fährt. Mit der Auswertung auf den Ebenen Kundenauftrag und Produktmerkmale konnte man sich nicht recht anfreunden. Für uns von der PIKON war dies ein klassisches 3-Punkt-Problem. Hier zeigt sich deutlich, wie das IT-System (das hier sozusagen die reine Lehre vorgibt) und die Betriebswirtschaft (sehr eng verwoben mit den kulturellen Besonderheiten im Unternehmen) ineinandergreifen.
Die Lösung bestand schließlich darin, dass der PIKON-Bereich Custom Development ins Spiel kam. Es wurde ein Hintergrundprogramm entwickelt, das in jedem Kundenauftrag für die jeweilige Ausprägung des konfigurierbaren Produkts einen SAP-Materialstammsatz anlegte. Für diesen Materialstammsatz (genauer gesagt die Materialvariante) können die vorhandenen Auswertungen im Produktcontrolling weiterverwendet werden. Um Redundanzen im Materialstamm zu vermeiden prüft das Programm natürlich, ob bereits eine Materialvariante mit den gleichen Merkmalsausprägungen vorhanden ist.
Testlauf mit einer ersten Produktreihe
Nachdem alle kritischen Punkte geklärt waren, wurde die erste Produktreihe NEXTRON mit der Baugröße „9“ erfolgreich auf den neuen Prozess umgestellt. Dabei war PIKON im Rahmen eines Festpreisprojektes federführend verantwortlich. Quasi als Nebenprodukt wurden die Ingenieure von Ariston Thermo in die Lage versetzt, die Umstellung weiterer Produktreihen (es folgten dann direkt die NEXTRON-Baugrößen 6, 7 und 8) in eigener Regie vorzunehmen. Frank Büschelberger und Sascha Gerhardt telefonieren manchmal und tauschen sich aus. Davon abgesehen ist aber der Know-how-Transfer gelungen.
Fazit eines erfolgreichen Projekts
Ariston Thermo profitiert mit diesem neuen Prozess in mehrerlei Hinsicht:
- Die Reaktionszeit auf Kundenanfragen wurde von 12 Tagen auf 2 Tagen reduziert. Damit wurde ein wettbewerbskritischer Key Performance Indikator dramatisch verbessert.
- Das Produktmanagement und die Variantenvielfalt sind wieder beherrschbar.
- Die Einarbeitung neuer Kollegen wurde erheblich vereinfacht.
- Die Produktkonfiguration wird heute weltweit (z. B. auch in Ländern wie Russland und China) von den Vertriebsmitarbeitern selbstständig durchgeführt. Damit ist heute ein einheitliches Vorgehen sichergestellt und die konzernweite Zusammenarbeit wesentlich vereinfacht worden. Umfassende Schulungsmaßnahmen waren nicht erforderlich.
- Der Produkt-Controlling-Ansatz bleibt auf Material-Ebene erhalten. Dank der Zusatzprogrammierung, die von PIKON gewartet wird, spürt weder der Anwender noch die hauseigene IT davon etwas.
Zu guter Letzt ist es so, dass es ja immer noch einen, wenn auch verschwindend geringen Anteil von Produkten bei Ariston Thermo gibt, bei denen das Engineering so individuell ist, dass die Variantenkonfiguration nicht als Lösung in Frage kommt. Für diese Fälle denken wir von PIKON zusammen mit dem Kunden darüber nach, das SAP Projektmanagement als Lösung einzuführen. Dies zählt ebenso zu unseren Kernkompetenzen.
Bei Ariston Thermo hat sich aber gezeigt, dass die Einführung der Variantenkonfiguration ein echtes Engpassproblem gelöst hat durch dessen Lösung sich viele andere Probleme in ihrer Bedeutung relativiert haben.